Juliusspital
Es ist die wohl älteste moderne Darstellung eines Bocksbeutels: Auf dem Gründungsrelief des Weinguts Juliusspital im Herzen von Würzburg ist tatsächlich genau in der Bildmitte, zwischen den Füßen der vielen Besucher, eine kleine kolbenartige Flasche zu sehen.
Vielleicht steht sie für ein medizinisches Heilgefäß, vielleicht aber auch für einen Bocksbeutel, das Relief gilt jedenfalls als ältester Beleg für das Vorkommen einer Bocksbeutel ähnlichen Flasche in der Neuzeit. Die Hauptbotschaft des Reliefs im Jahr 1576 war allerdings eine andere: Es ist die Gründungsurkunde des Juliusspitals.
Der Würzbürger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn stiftete 1576 das Spital mit seinem Privatvermögen. Er kaufte Gärten und Lagerplätze auf, ließ den Judenfriedhof einebnen, den die Jüdische Gemeinde auf ewige Zeiten gekauft hatte – alles für das neue Stift. Nach dem Willen des Bischofs sollten hier „allerhand Sorten Arme, Kranke, unvermugliche, auch schadhafte Leut, die Wund- und anderer Arznei notdürftig sein, desgleichen verlassen Waysen und dann füruberziehende Pilgram und dörftige Personen“ behandelt und betreut werden. Der Grundstein für den Spitalbau wurde am 12. März 1576 gelegt, im Stiftungsbrief sicherte der Fürstbischof den Unterhalt der Anlage durch Überschreibung von Grundbesitz wie Äcker, Wäldern – und Weinbergen, auch solche in der weltberühmten Lage zum Stein.
Das Juliusspital betreut noch heute viele Kranke und Alte – in einem Krankenhaus mit 365 Betten, einem Seniorenzentrum und einer Akademie für Palliativmedizin. Auch ein Tagungszentrum gehört zu der Stiftung – und natürlich das Weingut, das heute mit 172 Hektar Rebflächen das zweitgrößte in Deutschland ist. Herzstück der Kellerei ist der 250 Meter lange Holzfasskeller unter dem Fürstenbau von Antonio Petrini aus dem Jahre 1699. Hier werden die großen Weine des Gutes hergestellt, die Weltruhm genießen: So wurde bei der Krönung von Königin Elizabeth II. im Jahr 1953 eine 1950er Riesling Auslese des Juliusspitals aus der Lage Iphöfer Julius-Echter-Berg ausgeschenkt.
Wahrscheinlich befand sich auch dieser Wein in einer Bocksbeutel-Flasche – dem heute traditionellen Frankenweingefäß. Die Flaschenform selbst ist bereits uralt: Ein keltisches Tongefäß aus der Zeit um 1400 vor Christus in Form einer Flachkugelflasche gilt als Urahn – gefunden auf fränkischem Boden bei Wenigumstadt. Auch die Römer pflegten die Bocksbeutelform bereits als Feldflasche, im Mittelalter war sie als Pilgerflasche beliebt: Geformt wie ein „flacher, runder Käse“, konnte sie am Gürtel getragen werden, ohne den Träger allzu sehr zu behindern. 1726 bestimmte der Rat der Stadt den Bocksbeutel zum Gütezeichen im Kampf gegen die weit verbreitete Weinpanscherei und ließ die ersten Exemplare im Bürgerspital einlagern. 1862 heißt es, ein Bocksbeutel sei „eine gedrückte, runde, nach Art des Beutels oder Hodensacks der Böcke geformte Flasche zum Einfüllen und Versenden des Steinweins.“ Heute ist der Bocksbeutel das Markenzeichen des Frankenweins und seit 1989 auch für Qualitäts- und Prädikatsweine aus Franken urheberrechtlich geschützt.