Gut 200 Jahre ist es her, so will es die Überlieferung, dass Goethe hier war. Am 4. September 1814 ließ sich der große Dichter im Gasthaus „Zur alten Post“ diesen guten „rothen Ingelheimer“ schmecken. Ob er allein des Weines wegen die Stadt am Rhein besuchte, lässt sich nicht belegen. Verwundern aber würde es nicht.
Ingelheim ist seit Jahrhunderten für seinen Rotwein berühmt. Zu einem der „Rotweinkönige“ stieg hier dereinst Josef Neus auf. 1881 kam der in Niederfell an der Mosel geborene Neus nach OberIngelheim, eröffnete dort in der Bahnhofsstraße eine Weinhandlung und begann bald danach mit dem Anbau. Und das mit überwältigendem Erfolg, nicht nur, weil sein Rotwein im Jahr 1888 von Meyers Konversations-Lexikon als der zweitbeste Deutschlands gerühmt wurde, mehr noch: Auszeichnungen gab es auch in Paris 1900 und vier Jahre später in St. Louis bei jenen Weltausstellungen, in deren Rahmen damals die zweiten und dritten Olympischen Spiele der Neuzeit stattfanden.
Als seine Paraderebsorte, der Spätburgunder, durch die Reblaus und Rebkrankheiten dem Ende geweiht schien und sich viele andere Weingüter davon abwandten, investierte Neus in die Forschung und entwickelte -ein bahnbrechender Schritt -einen resistenten Klon, der bis heute in vielen Anbaugebieten verwendet wird.
Bis 2013 war das Gut in Familienbesitz, dann übernahm die Mainzer Unternehmerfamilie Schmitz den Betrieb. Zusammen mit Betriebsleiter Lewis Schmitt und Kellermeister Toni Frank hat sich Gesellschafter Christian Schmitz nun zum Ziel gesetzt, die große Geschichte und die Tradition des Weinguts J. Neus zu bewahren und dem hauseigenen Ingelheimer Spätburgunder mit hoher Qualität wieder zu alter Blüte zu verhelfen.
Wenig verwunderlich somit, dass die beiden großen Gewächse des Weinguts Spätburgunder sind, beide stammen vom Anbaugebiet Mainzer Berg aus den Lagen Pares und Horn. Ausgebaut werden die Neus-Rotweine in Fuderfässern mit einer Kapazität von 1.000 Litern im größten Gewölbekeller Rheinhessens, einem beeindruckenden Raum. Imposant ist auch das Gebäude selbst: erbaut am Ende des 19. Jahrhundert mit einer Außenfassade aus Kalkstein, mit herrschaftlich gestalteten Räumen und Holzparkett als Bodenbelag.
Auch die neue Vinothek passt sich mit ihrer gelungenen Gestaltung aus hochwertigem Eichenholz in Maßarbeit sehr gut ins Gesamtbild ein. Sie ist mit 30 Quadratmetern sehr kompakt, für kleine Weinproben stehen noch zwei weitere Räume mit 20 und 25 Quadratmetern zur Verfügung. Das wäre vermutlich ein Platz, an dem sich Goethe auch heute wohlfühlen und ihn genießen würde, „den rothen Ingelheimer“.
Öffnungszeiten
Dienstag - Freitag: 09:00 - 18:00 Uhr
Montag Ruhetag
Weitere Termine gerne nach Vereinbarung